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"Ich bin linksextrem."



Extremismus ist gemäß des Brockhauses jene Verhaltensweise, die die bestehende Gesellschafts- und Staatsordnung radikal umstürzen wolle und aufgrund welcher entsprechende - auch gewalttätige - Strategien entwickelt würden.  Weiter definiert das Brockhaus den Rechtsextremismus als eine autoritäre, nationalistische oder rassistische Gesinnung und Linksextremismus als eine verengte sozialrevolutionäre Gesellschaftsauffassung.

Entsprechend der vorherrschenden Auffassung wird die Gesellschaft mit einem Hufeisen charakterisiert. In der Mitte gibt es die normale Mehrheit während am Rand die Links- und Rechtsextremisten stehen.  Nun macht die Linksjugend und die Grüne Jugend mit ihrer Kampagne Ich bin LinksextremistIn gegen diese Auffassung mobil.

Kritisiert wird, dass mit dem Extremismusbegriff Gruppierungen und Strömungen über einen Kamm geschert werden. Mit dieser Fremdzuschreibung werden Gruppierungen unter den Generalverdacht der Gewalttätigkeit und Demokratiefeindlichkeit gestellt. Die von Initativen geforderte Demokratieerklärungen reihe sich hier ein und behindere ein Engagement gegen Nazis, indem von ihnen eine Distanzierung von Linksextremisten verlangt würde. Dadurch dass der Links- und Rechtsextremismus gleichgesetzt würden, werde die aktive Bekämpfung des Rechtsextremismus verhindert. Die Linksjugend kritisiert zudem die eigene Beobachtung durch den Verfassungsschutz, welche sie als ungerechtfertigt sieht.

Weiterer Kritikpunkt: der Extremismusbegriff verschweige die verschiedenen Auffassungen und verhamlose zudem ihre Verbreitung. Die Forderung der radikalen Umwandlung des Wirtschaftsystems oder die Globalisierungskritik würden über den Kamm des Linksextremismus gekehrt. Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus, Homophobie und Nationalismus generell mit Rechtsextremismus bezeichnet. Der Extremismusbegriff stempelt solche Einstellungen als Problem der gesellschaftlichen Randgruppen ab. Dass diese Auffassungen aber auch in anderen Schichten der Gesellschaft vorkommt, wird dadurch ausgeblendet.

Die Aktion sorgt in der politischen Landschaft bereits für Aufruhr. Erika Steinbach forderte bereits die Grünen dazu auf, sich von ihrer Jugendorganisation zu trennen. Auch CDU-Generalsekretär Gröhe kritisierte die Aktion auf schärfste. Mit ihr würden Opfer linksextremistischer Straftaten verhöhnt. Nun es ist kein Geheimnis, dass es auf beiden Seiten zu teils gewalttätigen Aktionen kommt. Während die eine Gruppe jedoch vorrangig Sachbeschädigungen und Körperverletzungen gegenüber Nazis begeht, gibt es bei der anderen Gruppe Mord und Totschlag. Die letzten Todesopfer eines Linksextremismus sind jene der RAF, während die NSU bis vor einigen Monaten mordete.

Angesichts dessen scheint das gewollte Hinterfragen der Gleichbehandlung beider Gruppen logisch. Die Bedrohungspotenziale sind zumindest höchst unterschiedlich. Außerdem will die Aktion "Ich bin linksextrem" auf das Verschweigen von gefährlichen Einstellung in großen Teilen der Gesellschaft aufmerksam machen. Angesichts der Diskussion um V-Männer des Verfassungsschutz ist die Extremismusdebatte tatsächlich eine hochbrisante. Der Anfang für eine sachliche Debatte wurde von den Gegnern des Extremismusbegriffs gemacht. Nun liegt es an den Befürwortern des Begriffs nachzulegen; allerdings nicht auf dem Stammtischniveau à la Gröhe oder Steinbach.

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